Trekkingrad Modelle verglichen
Ein geringes Gewicht macht bei Fahrrädern prinzipiell den größten Unterschied. Unterzieht man Probanden einem Test und lässt sie dabei zwischen zwei Fahrrädern, von denen eines vier Kilo schwerer ist als das andere, entscheiden, wählen sie garantiert das leichtere. Grund dafür: Das unbeschwerte Fahrgefühl. Und dazu muss man diese Probanden nicht mal die Berge hoch und runter jagen. Denn vier Kilo sind eine Menge Ballast. Das entspricht dem Gewichtunterschied zwischen unserem leichtesten Testkandidaten und normalen Mittelklasse-Trekkingrädern (mit Federgabel). Dafür kommen bei diesen Rädern andere Dinge wiederum etwas kürzer, so zum Beispiel der Komfort.
Komfort beim Fahren
Dieser ist bei allen Rädern im Vergleich niedrig ausgefallen. Das liegt teilweise daran, dass, wie etwa beim Cannondale, nur an einem Rad eine Federgabel arbeitet. Ein anderer Grund sind die schmalen Reifen dieser Leichtgewichte. Wer mit viel Gepäck unterwegs sein möchte, sollte nicht unbedingt zum leichten Trekkingrad greifen, auch wenn einige der verglichene Räder (z. B. Cannondale, Cube und Bergamont) sich durchaus für eine mehrwöchige Tour durch Europa anbieten. Davon abgesehen kommen diese Räder aber mit allem gewohnten Zubehör, egal ob Spritzschutz oder sicheres Licht, daher. Wer Spaß bei alltäglichen Fahrten sucht, einen Sprint für sich entscheiden möchte oder aber mit hohem Tempo die Berge rauf möchte, entscheidet sich eher für eines dieser leichten Trekkingräder. Für Ausflüge mit kleinem Gepäck bieten sie sich ebenfalls an. Und welches Gewicht das Gepäck genau haben darf, erklären unsere Vergleichsbriefe.
Die SIEGER
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Leichtigkeit ohne Kohlefaser
Vor fünf Jahren haben wir unseren letzten großen Vergleich leichter Trekkingräder durchgeführt und seitdem hat sich einiges getan. Zwar sind die Räder durchschnittlicher leichter geworden, dabei aber nicht teurer. Im aktuellen Vergleich lagen die Preise zwischen 999 und knapp 1.800 Euro und dabei das Gewicht von fünf Rädern unter 13 Kilo. 2008 lagen genauso viele Räder unter diesem Gewicht, aber die Preise fielen mit 1.300 und 2.600 Euro deutlich höher aus. Außerdem waren beim letzten Test noch vier Karbon-Räder dabei. Dieses Jahr ist hingegen kein einziges mehr drunter. Das kann darauf zurückgeführt werden, dass Kohlefasermaterial seinen höheren Preis hat und dennoch im Alltag mit mehr Vorsicht gehandhabt werden muss. Allerdings ist zu betonen, dass sich mit Karbonfaser noch immer Räder herstellen lassen, die ungefähr ein Kilo leichter sind als die diesjährigen Gewichtsrekordhalter – Rose und Koga mit rund 12,6 Kilo. Ein Hersteller von noch leichteren Trekkingrädern mit Kohlefaserrahmen (Simplon), war von uns zwar zum Test eingeladen, hat die Teilnahme aber verweigert.
Somit finden sich im Vergleich ausschließlich Alu-Modelle wieder. Diese sind durch spezielle Formen, die von rund nach dreieckig oder rechteckig fließen, sowie von sanften Übergänge zwischen den Rohren geprägt. Die dahinter steckende Produktionstechnik wird „Hydroforming“ genannt. Dabei wird der Werkstoff unter hohem Druck mit einer Flüssigkeit belastungsgerecht ausgeformt. Insbesondere Giant, Cannondale und Stevens bestechen durch diese Machart. Ein weiterer Trend im Rahmenbau, der nicht nur sichtbar sondern auch deutlich spürbar ist, gibt es bei den Steuerrohren. Diese sind neuerdings „getapert“. Dabei vergrößern sie sich vom klassischen 1 1/8-Zoll-Maß auf 1½-Zoll. Das wiederrum resultiert in einer gefühlt höheren Präzision der Lenkung und das sogar bei hohen Geschwindigkeiten mit Gepäck, besonders wenn auch die Gabel groß dimensioniert ist (Cannondale und Stevens). Zum Thema Gabeln: Für große Reisen sollte auf das Vorhandensein von Lowriderösen geachtet werden. Diese ermöglichen das Nachrüsten eines Front-Gepäckträgers, wodurch das Gewicht des Reisegepäcks besser verteilt werden kann. Nur Koga, Rose und Kalkhoff sind damit nicht ausgestattet.
Leichtigkeit trotz Scheibenbremse
Auch der Einsatz von Scheibenbremsen hat gegenüber 2008 zugenommen. Diesen Trend begrüßen wir sehr. Im Vergleich befanden sich gleich fünf Modelle mit den hydraulischen Diskstoppern, die besonders bei Vielfahrern und Pendlern beliebt sind. Der Grund dafür liegt darin, dass sie auch bei Regen und Schnee zuverlässig arbeiten, die Felgen nicht verschleißen und sie weniger Schmierdreck bei Nässefahrten verursachen. Dieser lästige Dreck verschmutzt bei Radkontakt nur unnötig die Kleidung. Im Durchschnitt ist eine Diskbremse ein halbes Kilo schwerer als eine V-Bremse. Deshalb sind leichte Räder grundsätzlich schwerer damit auszustatten. Umso mehr überzeugt deshalb das niedrige Gewicht des Stevens und Rose. Alle Bremsen im Vergleich boten mehr als ausreichend Bremskraft. Den besten Druckpunkt und eine besonders feinfühlige Dosierbarkeit bringen aber die Magura MT2-Disk am Kalkhoff sowie nachfolgend die XT-Disk am Rose mit sich. Große Radler sollten am Vorderrad Scheiben von mindesten 180 mm nutzen.
Diese verwenden zum Beispiel Kalkhoff und Stevens. Auch bei Reisen mit hohem Gepäck überzeugen diese Scheiben. Daneben empfehlen sich für solche Reisen und die großen Menschen besonders die Trekkingräder, die eine hohe Gewichtszulassung haben, sowie das Cube, das Giant, das Cannondale und das Rose. Zudem glänzen diese vier Modelle durch eine sehr hohe Fahrstabilität beim Radeln mit Gepäck. Dabei führt das Cannondale gefolgt vom ebenfalls sehr verwindungssteif wirkenden Stevens. Ebenso unterscheidet sich auch die Qualifikation der Träger. Der schmale Träger am Specialized ist besonders für den Transport der Bürotasche geeignet, da diese Tasche hier so fahrneutral und nah am Rad wie an keinem anderen Rad hängt. Allerdings darf die Last nicht mehr als zehn Kilo wiegen. Wer länger und mit mehr Gepäck unterwegs sein möchte, wird sich über den soliden Racktime Add-it und Tubus Logo-Träger am Cube und Cannondale sowie dem Hebie Tour SL am Rabeneick freuen. Dabei empfehlen wir, auf die Gewichtsangabe auf dem Träger zu achten.
Die SIEGER 2022
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Schnelligkeit auf schmalen Reifen
Genauer sollte man auch bei den Laufräder und ihrer Bereifung hinschauen. Schließlich muss der Fahrer ihr Gewicht in Bewegung bringen. Ein breiter schwerer Reifen und eine schwere Felge fallen hier eher auf, als ein paar hundert Gramm Unterschied beim Rahmen. Die Hochprofilfelgen wie am Specialized und Bergamont sehen zwar schnell aus, machen das Rad aber tendenziell schwerer. Außerdem wird das Laufrad durch sie eher seitensteifer und windschnittiger. Hingegen reduzieren sehr schmale Reifen so wie am Specialized das Gewicht und machen das Rad beweglicher. Auf der anderen Seite schützen sie aber nicht so gut vor Durchschlägen wie das bei breiteren Modelle (Cube) der Fall ist.
Für uns stellen 35 mm ein gesundes Mindestmaß dar. Dennoch sind alle Reifen definitiv für den Einsatz auf befestigten Wegen gemacht und fürs Tempomachen ausgelegt. Zum Schwalbe Marathon Racer raten wir, falls ein besonders leichter Lauf gewünscht wird. Und wer eher Kurvengripp und sehr guten Pannenschutz will, dem sei der Marathon Supreme des gleichen Herstellers empfohlen. Generell sind leichte Räder für sportliches Fahren vorgesehen. Die Grundlage dafür bilden die Kettenschaltung mit butterweichen Gangwechseln unter Teillast und ein großer Übersetzungsbereich.
Die neuen 2×10-Antriebe von Sram am Kalkhoff und Specialized waren dieses Jahr zum ersten Mal bei unserem Vergleich dabei. Sowohl die Sram Via GT am Kalkhoff und der Sram Apex-Mix am Specialized begeistern. Ihre Double-Tab-Technik überzeugt durch einen knackigen, direkten Gangwechsel, der kinderleicht mit dem Daumen erfolgt. Ihr Übersetzungsspektrum ist eher für hügelige als für bergige Strecken gemacht. Der Grund: Die minimalen 32 oder 34 Zähnen vorne und eine Entfaltung von über zwei Metern im kleinsten Gang.
Besser für bergige Strecken eigenen sich einige der dominierenden 30-Gang-Antriebe von Shimano. Auch sie bestechen durch gewohnt butterweiche Gangwechsel, wobei besonders die Ensembles auffallen. Durch sortenreine Kurbeln bis hin zur XT-Kurbel bieten sie die höchste Schaltkultur (Stevens, Rose und Koga). Schließlich sind es die Kurbel und die Kette, die den Unterschied ausmachen und nicht, wie oft behauptet, das Schaltwerk. Für Ausflüge auf profiliertem Terrain, bieten sich Räder an, die hinten eine Kassette mit 34 oder sogar 36-Zähnen wie am Cube haben. So kommt man einfach leichter den Berg hoch und die Entfaltung von 1,6 Metern im kleinsten Gang ermöglicht auch die Passfahrten.
Auch im Alltag überzeugend
Besonders überzeugte uns die Alltagstauglichkeit aller verglichenen Modelle. Dabei sind Gepäckträger mit Klicksystem, standsichere Hinterbauständer (bei Stevens zum Nachrüsten) und betriebssichere Lichtanlagen bei den Rädern häufig vorhanden. Beim Licht fielen die größten Unterschiede auf. Für schnelles Radeln im Dunkeln schaffen die Supernova-, b+m Cyo- und Philips-Scheinwerfer die besten Lichtverhältnisse. Wobei aber die Supernova-Anlagen erst mit weiteren Reflektoren der StVZO genügen, die dann wiederum die schmale Optik stören. Einige Hersteller sparen bewusst am Scheinwerfer (Lyt N am Bergamont und Cannondale), da dieser eh nach Bedürfnis leicht ausgewechselt werden kann. Alle Modelle im Vergleich sind mit Nabendynamos ausgestattet, die jedoch erhebliche Qualitätsunterschiede aufweisen.
Der neue Shutter Precision PD-8 ist leicht und dabei leichtlaufend ist. Er ist insgesamt an drei Rädern vorhanden. Aber auch die Shimano Sport-Nabendynamos (XT, 3N72) sowie der abschaltbare Supernova können da mithalten. Bergamont und Cannondale hingegen liegen hier etwas im Nachteil, wobei Cannondale sogar mit einem nicht StVZO-konformes Shimano-Modell ausgestattet ist. Und last but not least, lohnen sich auch schmale Curana Schutzbleche, die mit Farbakzenten passend zum Rahmen (Stevens, Rabeneick, Bergamont) dekoriert sind. So fährt man nicht nur schnell, sondern sieht dabei auch noch blitzschnell aus.